„Wir dürfen nicht länger wegschauen“
- Interview mit Stefan Frädrich
Der Klimawandel schreitet unablässig voran – und kaum jemand blickt bei dem komplexen Thema noch durch: Treibhausgase, Energiewende, Artensterben, Emissionshandel … wie wirkt das alles zusammen? Und wo ist der Hebel, um die Entwicklung noch aufzuhalten? Stefan Frädrich, Unternehmer und Gründer der Weiterbildungsplattform Greator, geht in Günter, der innere Schweinehund, rettet die Welt diesen Fragen auf den Grund. Im GABAL Interview spricht er über seine Arbeit an dem Buch, seinen Umgang mit Klimaskeptikern – und darüber, was jeder Einzelne von uns für den Klimaschutz tun kann.
Frädrich: Es ist das wichtigste Thema überhaupt. Aber wir sind so beschäftigt mit Selbstoptimierung, Business oder Alltagsfragen, dass wir gar nicht merken, wie die Welt und insbesondere die Menschheit auf die größte Krise überhaupt zuschlittern. Corona war im Vergleich zu dem, was da auf uns zukommt, nur eine Art Schnupfen. Durch diesen Ernstfall sehen wir nun, was schon eine „Kleinigkeit“ wie dieses Virus für Auswirkungen hat – und wir bekommen eine Vorstellung davon, was passieren wird, wenn sich etwas wirklich Relevantes verändert. Damit wir das nicht länger übersehen oder gar weggucken, möchte ich dieses Thema jetzt auf den Schirm bringen. Und das auf die Günter-typische Weise, mit der man leicht einen Einstieg findet. Gerade bei einem Thema, das so komplex ist wie der Klimawandel, finde ich diesen Zugang besonders wichtig.
Insgesamt ging der Rechercheprozess über etwa ein Jahr. Ich habe zig Bücher gelesen, Filme geguckt, Studien recherchiert und mich mit ganz vielen Leuten ausgetauscht. Das Verrückte ist, dass wir diese Zahlen und Fakten längst kennen. Die Situation ist uns eigentlich seit Jahrzehnten bewusst – es hört nur kaum ein Mensch zu. Das ist ähnlich, wie wir es von Religionen kennen. Die Klimaszene teilt sich quasi in drei Gruppen: Es gibt die „Gläubigen“, die „Agnostiker“ und die „Atheisten“. Die Gläubigen wissen seit Ewigkeiten, dass sich das Klima wandelt, aber jetzt kommt das Problem immer näher auf uns zu und wird immer dringlicher. Die Atheisten sind in der medialen Darstellung die Gegenpole dazu. Und die Agnostiker fragen sich: Wem soll ich denn nun glauben? Das Ergebnis vom Ganzen: Man schiebt das Problem erstmal auf die lange Bank
Auch das ist tatsächlich schon länger bekannt. Beim Auftauen des Permafrosts wird jede Menge Methan freigesetzt, das 25-mal stärker klimawirksam ist als CO2. Und dabei werden auch noch uralte Organismen aufgetaut. Wir haben bereits ein 1500 Jahre altes Moos wiederbelebt, ein 30.000 Jahre altes Riesenvirus und einen 40.000 Jahre alten Wurm – nicht auszudenken, was das für Auswirkungen auf uns haben kann. So ein Mammutschnupfen ist womöglich schwer zu verkraften.
Genau das ist das Problem: Einerseits ist es etwas ganz wertvolles, Fahrrad zu fahren und Bio zu kaufen. Aber es muss jedem bewusst sein, dass das nur eine symbolische Handlung ist. Denn eigentlich geht es um die großen Systeme: dass wir wieder auf biologische Landwirtschaft umstellen, dass wir nachhaltige Energiequellen aufbauen, dass wir ganz viele derzeit bestehende Systeme runterfahren und nachhaltig wieder aufbauen. Ich glaube, dass der Einzelne vor allem etwas tun kann, indem er das alles erstmal versteht, anfängt, sich Gedanken zu machen und sich auszutauschen. Denn Politik und Wirtschaft sind immer ein Spiegel einer Gesellschaft, und deswegen ist Fahrradfahren und Bio kaufen durchaus wichtig.
Das ist das klassische Thema „Innerer Schweinehund“: Jeder von uns steckt in seinen Routinen drin, jeder kümmert sich um seine Themen, und die sind ja auch immer wichtig. Vor allem aber glauben wir ganz schnell: Da sollen sich andere drum kümmern, ist nicht meine Baustelle. Wenn aber keiner anfängt oder wir uns in Grundsatzdiskussionen aufreiben, dann erreichen wir nichts.
Ich halte ihnen entgegen, dass es letztlich irrelevant ist, ob der Klimawandel menschengemacht ist oder nicht. Die eigentliche Frage ist: Selbst wenn er nicht menschengemacht wäre, müssten wir uns jetzt fragen: Was tun wir dagegen? Denn der Klimawandel findet nachweislich statt, und wir können extrapolieren, wohin das in absehbarer Zeit führen wird.
Mut macht mir, dass die Menschheit immer schon imstande war, Hervorragendes zu leisten, wenn sie sich eine Aufgabe vorgenommen hat. Zuerst wird viel gestritten und debattiert, aber unterm Strich ist die Menschheit schon klug und will überleben. Wir befinden uns in einer spannenden Epoche: Die Wissenschaft funktioniert global, Informationen fließen frei, wir haben technische Innovationen, die unser Leben komplett verändern werden. Auch der Austausch unter den Menschen findet gerade viel barrierefreier statt als noch in der Vergangenheit. Deswegen glaube ich, dass sich eine globale Bewegung aufbauen kann und der Schutz der Erde Common sense werden wird. Wir werden tolle Dinge erfinden und uns auf Veränderungen einstellen. Jetzt können wir noch einiges tun! Aber wir sollten es rechtzeitig tun – die Uhr tickt.
Dr. med. Stefan Frädrich ist Motivator, Autor, Unternehmer und preisgekrönter Referent. Er gründete die beliebte Weiterbildungsplattform GEDANKENtanken, heute Greator, die den größten deutschsprachigen Speakingkanal bei YouTube betreibt sowie zahlreiche Fortbildungsformate für Selbstverwirklichung, Leadership und Business – online und offline. Seit 2003 ist Stefan Frädrich als Trainer, Redner, Coach und Consultant tätig und schrieb Best- und Longseller – darunter die Buchreihe um das Motivationsmaskottchen Günter, den inneren Schweinehund. Stefans Ziel: komplexe Zusammenhänge verständlich, logisch und unterhaltsam machen – und dadurch etwas bewirken!