Wirtschaft, Gesellschaft

Business Slowdown - Svenja Hofert im Interview

Im Zentrum Ihrer Leadership-Idee steht das Vermögen, inmitten von Widersprüchen, Paradoxien und Mehrdeutigkeiten handlungsfähig zu bleiben. Und zu erkennen: Es gibt viele Wege – Hauptsache, man geht jenen, der eine innere Resonanz erzeugt. Was aber ist mit der Resonanz der anderen, die man schließlich auch braucht, um neue Wege in der Führung zu gehen?

Die äußere Resonanz gehört zur inneren. Das eine geht nicht ohne das andere. Wie Resonanz entsteht, ist heute aber anders. Früher hatte man die eine charismatische Person, die einen Ruf erzeugt. Heute entsteht der Ruf durch verschiedene Personen, die sich mit Ideen verbinden, die durchaus auch widersprüchlich sein können, aber in die gleiche Richtung zielen. Immer geht es um die Gestaltung der Zukunft, dafür darf und muss es aber unterschiedliche Ansätze geben. Diese müssen nicht fertig sein. Der eine geht ein Stück, wirft einen Ball, der andere greift ihn auf uns spielt ihn weiter. Es ist nicht mehr linear.

Sie schreiben, jede bewusst gestaltete Transformation solle mit einem Slowdown beginnen. Stattdessen sehen wir gerade viel Aktionismus und viele Change-Kampagnen. Was soll solch ein Slowdown bringen?

Wir kommen nicht weiter, wenn wir direkt in die Lösung gehen. Es braucht wieder die Phase, in der wir uns die Muster anschauen und wie wir sie interpretieren. Indem wir uns die Zeit dafür nehmen, erkennen wir, dass die Interpretation selbst der Lösung im Weg steht. Beispiel: „Wir müssen agiler werden“ führt oft zur Lösungssuche auf der Ebene der Tools und Methoden.

Wenn wir innehalten und uns anschauen, was Agilität genau für uns (und nicht die andere Bank oder das andere Versicherungsunternehmen) bedeutet, finden wir mehr und andere Ansätze. Das spart am Ende sehr viel Geld und führt zu weniger Frust als das direkte Loslaufen im Industriezeitaltermodus.

Agilität brachte neue Ansätze in Organisationen, die eine schnellere Anpassung an Veränderungen auf den Märkten ermöglichen sollten. Wieso jetzt wieder langsamer werden?

Das ist das Ding: Wir denken, es ginge um Anpassung. Falsch: Es geht um Gestaltung der Zukunft. Anpassung ist nicht die Antwort. Deshalb langsamer werden, um das zu verstehen und was es für uns und unsere unternehmerische Kreativität bedeutet.

Die alte VUKA-Welt wird bei Ihnen jetzt zu BANU. Mögen Sie uns das Akronym erklären?

BANU steht für Brüchig, Angstbesetzt, Non-linear, Unsicher. Es ist angelehnt an das englische BANI, das erstmals vom US-amerikanischen Autor und Zukunftsforscher Jamais Cascio in einem Beitrag für die Plattform »Medium« erwähnt wurde. In den deutschsprachigen Raum hat es der Berater und Zukunftsforscher Stephan Grabmeier gebracht. Ich habe den letzten Buchstaben ausgetauscht, um es passender für die deutsche Sprache zu machen.
Auf meinem YouTube-Kanal gibt es genau dazu auch ein Video, in dem ich die Formel und alles, was dahintersteckt, ausführlich erkläre.

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Kreislaufwirtschaft, Gemeinwohlökonomie, Verantwortungseigentum: Glauben Sie wirklich in absehbarer Zeit an einen solch tiefgreifenden Wandel in unserer wirtschaftlichen Denke?

Wie gesagt glaube ich nicht, an die EINE Lösung. Und sowieso nicht an Lösungen, sondern an Antworten. Es wird viele neue Antworten geben müssen, darunter auch neue, die hier noch nicht stehen. Und das ist das eigentlich Co-kreative. In der Kreativität steckt die Verbindung. Ein Ansatz, ist etwas neu zu verbinden, was vorher undenkbar war. Nebenbei ist der Wandel längst da. Das Alte funktioniert nicht mehr. Jetzt ist Zeit, neue Dinge auszuprobieren. Das geht besser in kleinen Schritten, die aber auch nicht zu klein sein dürfen. Wir denken immer in Kategorien des einen oder anderen. Aber es ist mehr als das. Wir müssen groß denken und in kleinen Schritten neue Ideen in die Welt bringen.

Ein gelungenes Feedback ist bei Ihnen eine wesentliche mentale Stellschraube. Sie plädieren für ein Feedback des Feedbacks. Was meinen Sie damit?

Feedback wird bei uns als Bewertung interpretiert. Das sollte es nicht sein. Bewertung assoziiert, dass jemand etwas weiß. Aber wir wissen nicht, was in Zukunft passt. Menschen werden durch Bewertung kleingemacht sowie ein- und angepasst. Bewertung tötet Kreativität schon im Kindesalter.

Deshalb ist einer der wichtigsten Ansatzpunkte das Feedback. Wie geben wir es? Mit welchem Selbstverständnis? Und wie könnte aus Bewertung Beobachtung und wachstumsfördernde Resonanz werden? Das meine ich mit Feedback des Feedbacks. Wir müssen wegkommen vom Richtig-Falsch- und Besser-als-Denken.

Über die Autorin

Svenja Hofert ist vielfache Buchautorin. Sie verbindet eine neue Sicht auf Wirtschaft und Leadership mit Psychologie. Mit ihrer Teamworks GTQ GmbH berät sie Organisationen und bildet Menschen aus, die zur agilen Transformation beitragen.

Als Keynote-Speakerin für virtuelle Veranstaltungen und Konferenzen spricht sie aktuell zum Thema „Postagilität".