von Brigitte Seibold
Flipcharts dienen in Workshops oder Seminaren oft als nützliches Hilfsmittel, um zum Beispiel Teilnehmerbeiträge zu notieren, Diskussionsergebnisse zusammenzufassen oder eine Frage mit einer schnellen Stegreifskizze zu beantworten. Flipcharts können auch gezielt dazu eingesetzt werden, Präsentationen lebendig und gleichzeitig strukturiert zu gestalten und Prozesse zielorientiert zu lenken. Das braucht Vorbereitung!
Mit wenigen Tricks und Tipps Flipcharts eindrucksvoll gestalten
Wer schon einmal einen Visualisierungsworkshop besucht oder sich selbst das Handwerkszeug erarbeitet hat, merkt schnell, dass es einfache Gestaltungstechniken, einige wenige „Tricks und Tipps“ sind, die – in der Summe – zu beeindruckenden Ergebnissen führen. Das Ziel ist, mit relativ wenig Aufwand viel Wirkung zu erzielen. Und Wirkung meint in diesem Zusammenhang gerade nicht eine bloße Effekthascherei, sondern mit einer pointierten Bildsprache Klarheit zu schaffen und die Aufmerksamkeit und Neugier der Teilnehmer immer wieder zu wecken. Mit Visualisierungen können auch komplexe Inhalte auf den Punkt gebracht und so mit wenig Zeit und Energie verdeutlicht werden. Treffende Bilder prägen sich ein, so bleibt der Inhalt nachhaltig in Erinnerung.
Wer trainiert, berät oder moderiert, kann sein eigenes, individuell gestaltetes Archiv an Symbolen, Motiven und Flipcharts ansammeln, immer weiter anreichern und sich daraus wieder und wieder bedienen.
Hier einige Flipchart-Beispiele aus meinem Fundus:
TITEL
Den ersten Eindruck gibt es nur ein Mal!
Sie kommen als Teilnehmer in einen Seminarraum. Alles ist vorbereitet, die Stühle sind aufgebaut. Vorne steht ein Flipchart. Und was sehen Sie da? Leere Seiten? Unleserliches Gekritzel aus der vorherigen Veranstaltung? Die erste Flipchart-Seite ist der erste Eindruck – und der ist bekanntlich entscheidend! Somit ist ein gestaltetes Titelblatt eine wertschätzende Begrüßung und gibt
gleichzeitig Orientierung: „Hier bin ich richtig!“
Der Titel der Veranstaltung als Überschrift, eventuell auch noch ein paar ergänzende Informationen, wie zum Beispiel der Name der Trainerin oder das Datum. Das Seminarthema kann zusätzlich mit einer Illustration dargestellt werden, in diesem Beispiel ist eine „Workshopszene“ skizziert.
Überladen Sie Ihre Flipcharts nicht mit zu vielen Informationen. Das gilt auch für die Auswahl an Farben. Flipcharts dürfen bunt sein, müssen es aber nicht. Dieses Beispiel ist ganz in orange gehalten, also „Ton in Ton“. Auch eine wirkungsvolle Variante.
ZIELE
Spannen, Zielen, Treffen
Wohin geht die (Seminar-)Reise? Wo landen wir am Ende gemeinsam ….? Mit dieser Visualisierung werden die Ziele transparent gemacht. Das bietet Orientierung und deckt ggf. Missverständnisse auf. Die Metapher „Zielscheibe“ ist da naheliegend.
Manchmal erfasst eine Visualisierung viele Details, hier wirkt das klare, reduzierte Bild!
AGENDA
Einfache Gestaltungselemente: Pfeile und Container
Mit oder ohne genaue Zeiten – eine Agenda informiert über den geplanten Ablauf. Dieses Motiv setzt auf einheitliche, geometrische Elemente: Pfeile und Container. So transportiert sich eine klare Struktur. Die Anordnung in einer geschwungenen S-Kurve sorgt für Lebendigkeit und Dynamik im Bild.
Wie passt die Schrift in den Textcontainer? So banal die Antwort klingt: Zuerst den Text schreiben, dann die Containerlinie ziehen (…und natürlich vorher kurze, prägnante Titel überlegen).
ZEITEN
Wer hat an der Uhr gedreht…?
Klare Zeitangaben sind eine wichtige Information für Teilnehmer („… und wann ist Mittagspause?“). Gut, wenn es keine Missverständnisse gibt. Genau dafür ist eine Visualisierung besonders hilfreich!
Flipcharts wieder verwenden! Das spart Papier und vor allem Vorbereitungszeit. Damit ein Flipchart vielfach eingesetzt und dabei trotzdem situativ angepasst werden kann, gibt es wunderbare praktische Helfer: selbstklebende Moderationskarten Sie können in das Motiv eingepasst und danach ohne Rückstände wieder abgenommen werden.
VORSTELLUNGSRUNDE
Heiter mit lockerer Wolkenbildung
Es ist gar nicht so einfach, gute Fragen für eine Vorstellungsrunde zu finden. Was geht den Teilnehmern nicht zu nah, fordert sie aber auch ein bisschen heraus, sich zu zeigen? Welche Fragen sind offen formuliert, laden aber trotzdem nicht dazu ein, zu ausschweifend zu antworten? Die Visualisierung soll den Teilnehmern als Spickzettel dienen und dabei unterstützen, die Vorstellung auf das Wesentliche zu konzentrieren. In diesem Beispiel fokussiere ich (eher etwas konventionelle) Fragen in Richtung Arbeit, Erfahrung und Erwartungen. Kreative Ergänzungen erwünscht!
Auf diesem Chart sind die Elemente „locker-wolkig“ wie ein Gefüge angeordnet und über das Format verteilt. Die Figuren illustieren den Inhalt. Als Textcontainer wird eine Wolkenform genutzt. Die ist einfach zu skizzieren und passt sich leicht den Textzeilen an.
GRUPPENARBEIT
Das Wichtige Schritt für Schritt
„Und jetzt arbeiten wir in Gruppen…“ – eine Aufforderung, die oft Unruhe bei den Teilnehmern auslöst. Und dann folgt meist ein Paket an Informationen: Wer soll was bis wann auf welche Weise bearbeiten? Wie wird das Ergebnis präsentiert? Usw.
Wer diese vielfältigen Anleitungen nur mündlich vermittelt, riskiert, dass nicht jedes Detail verstanden und umgesetzt wird. Um Gruppenarbeiten reibungslos zu initiieren, braucht es eine klare Lenkung. Eine sorgfältig vorbereitete Visualisierung ist dabei eine wirkungsvolle Unterstützung. So wird die Information auf zwei Kanälen gesendet: mündlich formuliert und zusätzlich schriftlich festgehalten.
Um den Inhalt zu veranschaulichen, ergänzen die Illustrationen den Text und vermitteln zusätzliche Informationen.
PAUSE
Reif für die Insel…
Zum Start einer Pause ein schönes Bild… Warum nicht? Beim Visualisieren darf man gerne auch mal übertreiben! Dann ist ein „Pausen-Bild“ eben nicht nur eine Kaffeetasse, sondern eine Trauminsel. Weil es gut tut, sich kurz aus dem Seminarraum auf eine Insel zu beamen. Das Rauschen der Palmblätter, der Wellenschlag, das sanfte Wiegen, der Wind auf der Haut… ach! Zurück in die Realität geholt, können Sie mit dieser Visualisierung auch noch über den Endzeitpunkt der Pause informieren. Zur Stärkung der Pünktlichkeitskultur! Die Aufmerksamkeit ist Ihnen sicher.
Solche leuchtenden, malerisch wirkenden Farbeffekte lassen sich am besten mit Pastellkreide erzielen. Wie das und auch andere Basistechniken funktionieren, zeige ich in den Erklärvideos auf meiner Homepage www.prozessbilder.de.
THEMENSAMMLUNG
Reiche Ernte einfahren
Gerade in Diskussionsrunden oder bei Gruppen, die gerne vom Thema abschweifen, ist es hilfreich, einen für alle sichtbaren Themenspeicher einzusetzen. Dort wird notiert, was später bearbeitet, am Ende als Aufgaben verteilt oder anderweitig versorgt werden muss. Die Metapher vermittelt wertschätzend: „Wir haben eine reiche Ernte eingefahren!“, und nicht: „Oh je, das müssen wir auch noch erledigen!“
Auch dieses Motiv gehört zu den Standard-Charts, die immer wieder genutzt werden können. Ein einfacher Getreidesack ist auch schnell wieder neu gezeichnet. Gibt man sich mehr Mühe in der Ausgestaltung, können die Themen mit selbstklebenden Moderationskarten gesammelt, ggf. sortiert und dann auch wieder abgenommen werden.
FEEDBACK
Ein Fazit ziehen
Die Seminarauswertung am Ende braucht eine klare Lenkung und fokussierte Fragestellungen. In diesem Flipchart werden drei Perspektiven angeboten, um zurückzublicken und das Erlebte und Gelernte zu reflektieren.
Abstrakte Themen, für die es keine unmittelbare Darstellung gibt, lassen sich meistens mithilfe von Metaphern verbildlichen. Eine häufig genutzte Ideen-Quelle (!) beim Visualisieren. Das „Mitnehmen“ wird hier mit einem vollen Erntekorb dargestellt. Was nicht mehr gebraucht wird, mit einem Mülleimer und das, was wertvoll war, mit einem Diamanten.
ABSCHLUSSRUNDE
Das Gelbe vom Ei
Am Ende einer Veranstaltung schätze ich das Ritual einer Schlussrunde. Wie zu Beginn kommt nochmals jeder zu Wort und setzt damit auch seinen eigenen Schlusspunkt. Am besten kurz und bündig. Wie können langatmige, ausschweifende Runden vermieden werden? Den Teilnehmern eine klare Fokussierung für ihren Beitrag anbieten! Diese Visualisierung will mit einem Augenzwinkern die Teilnehmer dazu auffordern, das Beste des Tages zu benennen:
Was war für Sie heute das Gelbe vom Ei?
Manchmal braucht es nur eine reduzierte Darstellung und einen Klecks Farbe, um ein wirkungsvolles Flipchart zu gestalten…
Weniger ist mehr!
Bildquelle: Bojan89 / istockphoto
Über die Autorin
Brigitte Seibold ist Diplom-Ingenieurin und Erwachsenenpädagogin. Seit 1996 ist sie selbstständige Trainerin und Moderatorin, Beraterin sowie Lehrbeauftragte der Uni Hannover. Als „Visual Facilitator“ ist sie darauf spezialisiert, das Potenzial von Visualisierung in der Arbeit mit Menschen und Organisationen zu nutzen, mit Wort und Bild eine wertschätzende Kommunikation zu gestalten und wirkungsvolle Impulse zu geben. Sie begleitet Strategieprozesse in Unternehmen und Kommunen. Zu ihren Kunden zählen die Deutsche Telekom AG, die RWE AG, die Stadtwerke Hannover, die Robert Bosch GmbH, das Bundesministerium für Finanzen, die MAN Truck & Bus AG und die Volkswagen AG.