Von Teresa Hertwig
Wie ein Schnellwaschgang für mobiles Arbeiten hat die Pandemie einen Prozess beschleunigt, für den wir sonst noch viele Jahre gebraucht hätten. Unternehmen stehen nun vor der Frage: Was können wir jetzt tun, um auch in Zukunft professionell hybrid zu arbeiten?
1. Den Veränderungsprozess ernst nehmen
Auch wenn sich Homeoffice in vielen Fällen bewährt hat, fehlt in den meisten Unternehmen und Teams noch eine individuelle und passende Arbeitskultur und -struktur, um mobiles Arbeiten zum effizienten Dauerbrenner mit allen Vorteilen zu machen. Deshalb: Hybrides Arbeiten stößt eine tiefgreifende unternehmerische Veränderung an, die ein entsprechendes Augenmerk, Ressourcen und die Bereitschaft aller Beteiligten benötigt.
2. Unternehmensweite Leitplanken definieren
Es braucht grundsätzliche strukturelle Entscheidungen der Unternehmensleitung – denn gerade in den letzten Monaten haben sich so diverse Bedürfnisse bei den Mitarbeitern entwickelt, dass ein angestrebter Rahmen notwendig ist. Dazu braucht es eine Entscheidungen des Managements darüber, wie der neue Normalbetrieb aussehen wird:
- Wie viele Tage mobiles Arbeiten wird es dauerhaft geben?
- Wie wird die interne und externe Erreichbarkeit gesichert?
- Welche zentralen Kommunikationskanäle werden genutzt?
3. Erwartungen mit dem Team klären
Nur wenn allen Mitarbeitern klar ist, was von Ihnen erwartet wird und was sie im Gegenzug auch von ihren Kollegen erwarten können, kann hybrides Arbeiten erfolgreich funktionieren. Die unternehmensweiten Leitplanken in Verbindung mit Spielregeln innerhalb des Teams – also die Dos & Don’ts – formen die Basis der mobilen Zusammenarbeit, an der sich alle Mitarbeiter orientieren können. Wichtig ist, dass diese gemeinsam mit dem Team erarbeitet werden, denn nur so werden diese Regeln am tatsächlich gelebten Tagesgeschäft entlang entwickelt und auch akzeptiert.
4. Gemeinsame Präsenztage festlegen
Die Vorteile einer hybriden Arbeitskultur können nur dann genutzt werden, wenn es auch gemeinsame Bürotage gibt. Legt sich jeder Mitarbeiter die mobilen Arbeitstage an einen anderen Wochentag, so ist gar kein physischer Austausch möglich. Deshalb ist mindestens ein gemeinsamer Präsenztag pro Woche ratsam. Diesen am besten an einem fixen Wochentag festmachen, sodass keine Zeit für die wöchentliche Abstimmung verschwendet wird.
5. Die richtigen digitalen Tools nutzen
Viele Firmen begnügen sich bei der Kommunikation und Zusammenarbeit auf Distanz noch immer allein mit Telefon und E-Mail. Das reicht nicht aus! Ein Kollaborationstool für die Echtzeitkommunikation sowie ein Aufgabenmanagement-Tool sind viel besser dafür geeignet, die Kommunikation aufrechtzuerhalten und virtuell erfolgreich zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig sorgen sie für die nötige Transparenz und ermöglichen Führungskräften, den Überblick über Kapazitäten zu behalten.
6. Führungskräfte brauchen Zeit für Führung
Viele Führungskräfte können ihre eigentliche Rolle gar nicht richtig ausführen, da sie einen Berg an operativen Aufgaben ausführen müssen. Mobiles Arbeiten macht hier jede Diskrepanz deutlich sichtbar. Eine womöglich schon länger bestehende Führungslücke offenbart sich mit der Einführung von hybridem Arbeiten schmerzhaft und unmissverständlich.
7. Rituale für sozialen Austausch schaffen
Findet kein täglicher physischer Austausch mehr zwischen den Mitarbeitern statt, ist es umso wichtiger, Rituale für den sozialen Austausch zu schaffen. Während der Pandemie wurde an vielen Stellen deutlich, dass Mitarbeitern die soziale Interaktion fehlt.
Hier dürfen Unternehmen bereits jetzt festlegen, welche Teambuilding-Maßnahmen zukünftig physisch, aber auch virtuell stattfinden sollen.
8. Keine Zwei-Klassen-Gesellschaft entstehen lassen
Weil nicht jeder Mitarbeiter das mobile Arbeiten nutzen möchte, sollten Führungskräfte darauf achten, dass keine zwei Lager entstehen. Das Ziel: Schaffung einer Kultur und Struktur der Zusammenarbeit, bei der es ganz egal ist, wo gearbeitet wird – im Büro, im Homeoffice oder auch sonst irgendwo auf der Welt.
9. Onboarding für neue Mitarbeiter entwickeln
Bei mobilem Arbeiten fehlt uns ein ganzer Sinn – und zwar das Sehen. Während neue Mitarbeiter in der Präsenzkultur einfach durch Beobachtung der Kollegen die Gepflogenheiten des Unternehmens adaptieren konnten, ist dieses Vorgehen bei hybridem Arbeiten erschwert. Dem Onboarding-Prozess neuer Mitarbeiter sollte deshalb noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden und die definierten Leitplanken und Spielregeln klar kommuniziert werden.
10. Vertrauenskultur fördern und vorleben
Alle vorangegangenen Punkte zahlen darauf ein, eine Vertrauenskultur zu fördern. Denn erst eine klare Struktur und ein definierter Rahmen, ermöglichen es überhaupt, dass Vertrauen entsteht. Dazu gehört auch, dass die Chefetage das hybride Arbeitsmodell vorlebt, sodass sich auch die Mitarbeiter trauen, das flexible Arbeiten in Anspruch zu nehmen.
Über den Autor
Teresa Hertwig ist leidenschaftliche Remote-Work-Visionärin mit langjähriger Praxiserfahrung in der Führung hybrider Teams und Geschäftsführerin der GRC – GetRemote Consulting GmbH aus Berlin. Mit ihrer Beratungsagentur begleitet sie Unternehmen auf dem Weg von der Präsenz- hin zur Remote-Work-Kultur.
Hertwigs Berufseinstieg sah aus wie bei vielen: ein bürogebundener Nine-to-five-Job in einer Berliner Online-Marketing-Agentur. 2013 konnte die gebürtige Niederbayerin ihren Chef davon überzeugen, als erste Mitarbeiterin im Unternehmen mobil arbeiten zu dürfen. Infolge der positiven Ergebnisse dieser Zeit wurde ihr die Agenturleitung übertragen und sie hat das ganze Unternehmen auf hybrides Arbeiten umgestellt und geleitet. Als Initiatorin und treibende Führungskraft hinter dieser Entwicklung lernte Teresa Hertwig die Vorteile und Chancen genauso wie die möglichen Stolpersteine dieser Arbeitsweise kennen. Seit Anfang 2018 begleitet sie mit ihrem Beraterteam Unternehmen dabei, eine nachhaltige hybride Arbeitskultur und -struktur zu etablieren, die die Produktivität hoch hält, ganz egal, an welchem Ort deren Mitarbeiter arbeiten.
Mit ihrer Erfahrung aus der Start-Up-Welt und den Einblicken in die deutschen 100% Remote Unternehmen, bringt sie die Digitalisierung der Führung in den deutschen Mittelstand. Zudem vernetzt sie in ihrem Remote Leadership Circle Führungskräfte über unterschiedlichste Branchen hinweg.