von Veit Etzold
Bei einer guten Strategie soll sich das Unternehmen am besten geschlossen in die geplante Richtung bewegen. Manager und Mitarbeiter. Leichter gesagt als getan.
Wenn man einen Manager fragt, was seine kurz-, mittel- und langfristigen Ziele sind, wird er, wenn er oder sie sich schon einmal mit diesem Thema befasst hat, folgendes Antworten:
Kurzfristig: Cash-Basis sichern - Mittelfristig: Breakeven erreichen - Langfristig: Marktführerschaft erlangen
Fragen Sie einen Mitarbeiter, wie seine Ziele, über die Zeit verteilt, aussehen, sagt der leider etwas anders:
Kurzfristig: Wochenende - Mittelfristig: Urlaub - Langfristig: Ruhestand
Merken Sie es? Die Ziele von beiden könnten nicht weiter auseinander liegen. Man darf dem Mitarbeiter keinen Vorwurf machen, schließlich kriegt er sehr viel weniger Geld als der Chef. Andererseits braucht der Chef motivierte Mitarbeiter, die seine Strategie auch umsetzen. In vielen Unternehmen verhält es sich dennoch so, dass Mitarbeiter für ihren Boss gerade so viel arbeiten, dass sie nicht gefeuert werden. Der Boss hingegen zahlt den Mitarbeitern gerade so viel, dass sie nicht kündigen.
Und warum ist das so? Weil viele Unternehmen – das gilt für Mitarbeiter, aber leider auch für manche Manager – gar nicht wissen, wo die Reise hingeht. Und das demotiviert. Hier stinkt der Fisch definitiv vom Kopf, denn es ist Aufgabe des Managements, den Mitarbeitern die Strategie zu erklären – nicht umgekehrt.
Dass eine Strategie aus vielen Gründen nicht umgesetzt wird, habe ich in meinen 20 Jahren als Manager schon oft miterleben müssen. Entweder stand die eigene Führungskraft nicht hinter der Strategie, sondern gedanklich bereits im Ruhestand. Oder die Strategiekommunikation war so schlecht, dass Mitarbeiter rätseln mussten, welche Ziele denn mit der Strategie verbunden sind. So gab es bei der Dresdner Bank die „Neue Dresdner“, dann die „Neue Dresdner Plus“ und dann noch die „Neue Dresdner Doppelplus“. Danach gab es dann die Dresdner Bank nicht mehr. Die Commerzbank machte es mit „Commerzbank 3.0“ und später „Commerzbank 4.0“ ähnlich. Resultat war keine erfolgreiche Strategieumsetzung, sondern Vorstands- und Aufsichtsratschef mussten ihren Hut nehmen. Ich bin sicher, dass ist nicht das Ergebnis, das Ihnen vorschwebt.
Was noch schlimmer ist: Es wird gar nicht kommuniziert. Das heißt, die Kommunikationshoheit wurde von der Chefetage auf den Flurfunk übertragen, sodass dadurch inoffizielle Slogans wie „Schlechtes muss nicht billig sein“ entstanden sind.
Eine gute Story ist aber der erste und wichtigste Weg zur Umsetzung der Strategie. Denn es gilt: „To tell is to sell!“
Die drei Elemente einer guten Strategie-Story
Wenn Sie Ihre Strategiestory erzählen, sollte sie wie jede gute Story aus drei Teilen bestehen:
1. Die Absenderstory
Eine gute persönliche Story zeigt, bei welchen anderen Projekten Sie schon die „Kohlen aus dem Feuer geholt haben“. Sie gibt dem Gehirn des Gegenübers das Gefühl, dass es sich auf Sie verlassen kann.
Allgemein gilt: Wenn Sie kein Produkt oder keine Strategie haben, die Sie sofort aus der Tasche ziehen können, weil Ihre Strategie zu abstrakt ist – dann sind Sie selbst die Strategie.
2. Der Elevator Pitch
Der erste Eindruck ist immer der entscheidende. Wem es nicht gelingt, sich sofort kurz und knapp zu positionieren und auch zu differenzieren, dem wird es auch im weiteren Verlauf schwer gelingen. Vergessen Sie nicht: Wenn Sie keine Story erzählen, erzählen andere eine Story.
3. Die Überzeugungsstory
Jede Lösung, die Sie bieten, muss erst einmal ein Problem haben. Ebenso wie eine gute Story einen Schurken braucht, der am Ende besiegt wird, muss eine Strategie Probleme lösen, sonst hat sie keine Daseinsberechtigung und niemand bezahlt dafür. Im Vertrieb ist zum Beispiel der größte Schmerz des Kunden ein hoher Preis.
Dem müssen Sie mit einem noch größeren Schurken begegnen: das Problem des Kunden, das ein Problem bleibt, wenn Ihr Gegenüber nichts ändert oder Ihr Produkt nicht kauft. Das Problem dabei kann auch sein, dass das Unternehmen dem Untergang geweiht ist, wenn es sich nicht ändert. Allgemein gilt: Wer eine Lösung verkauft, für die es kein Problem gibt, wird dafür bestenfalls wenig, schlimmstenfalls gar keine Zustimmung und damit auch keinen Wandel bekommen.
Wenn Sie als Führungskraft Ihre Mitarbeiter bei dem Change-Projekt mitnehmen wollen, kann es helfen, sich an die Grundlagen einer guten Story zu erinnern und klarzumachen, warum es sich lohnt, die Mühen des Wandels auf sich zu nehmen.
Dabei ist folgender Vierklang am besten geeignet:
- Situation: Wo stehen wir als Unternehmen, wohin geht die Reise?
- Desaster: Was hindert uns daran, unser Ziel zu erreichen? Was ist der Schurke, der uns bedroht?
- Wendepunkt: Welche Opfer müssen wir bringen, die vielleichtkurzfristig wehtun, uns langfristig aber zu einem erfolgreichen Unternehmen machen?
- Happy End: Wie sieht die glorreiche Zukunft aus, die dann auf uns alle wartet? Warum lohnt es sich, dafür all die Mühe auf uns zu nehmen?
Natürlich kann eine gute Story keine undurchdachte Initiative oder unrealistischen Vorgaben retten. Aber die Erfolgswahrscheinlichkeit ist damit deutlich höher.
Über den Autor
Prof. Dr. Veit Etzold, „der deutsche Dan Brown“ (Radio Bremen), versteht es, die Techniken einer spannenden Geschichte nahtlos in die Kommunikation von Individuen und Unternehmen zu übertragen. Nach einer Karriere als Manager in der Finanzbranche (Allianz), Unternehmensberatung (BCG) und in der Management-Ausbildung (ESMT, IESE) berät er heute zahlreiche DAX-Konzerne, Mittelständler, Banken, Strategieberatungen sowie Internetkonzerne, Private Equity Fonds und Start-ups. Zudem lehrt Etzold Strategisches Management, Marketing und Vertrieb sowie Storytelling an der Hochschule Aalen, Baden-Württemberg, und leitet das dortige Kompetenzzentrum für Neuromarketing. Doch Veit Etzold begeistert in Vorträgen nicht nur Führungskräfte und Unternehmer, sondern auf seinen zahlreichen Thriller-Lese-Events auch tausende von Krimi- und Thriller-Fans. Mit seinem Thriller "Final Cut" gelang ihm im Jahre 2012 der Durchbruch als einer der Top-Thriller-Autoren Deutschlands. Weitere Spiegel-Bestseller folgten. Sein Sachbuch "Strategie: Planen – erklären – umsetzen" gilt als Standardwerk.