von Rainer Krumm
Mitarbeiter haben heute völlig andere Wünsche an ihre Chefs als noch vor zehn Jahren. Die Führungskraft soll nicht mehr nur delegieren, vorantreiben und das Unternehmen nach außen repräsentieren, sondern auch empathisch und offen sein für das Welt- und Werteverständnis der Mitarbeiter.
Doch was bedeutet eigentlich werteorientiertes Führen? Und was brauchen Chefs dafür?
Es geht nicht nur ums Geld
Viele Unternehmen sind darauf fokussiert, was die Zahlen am Ende eines Monats sagen. Der Mitarbeiter muss „sein Geld Wert sein“, sonst muss er gehen. Sein Platz wird schnell wieder neu besetzt. Solange die Zahlen stimmen, scheint das so in Ordnung zu sein. Doch wie fühlen sich wohl die Mitarbeiter in einer solchen Unternehmenskultur? Ein Blick auf die Krankenstände und Kündigungen genügt, um hier Vermutungen anzustellen.
Durch Werte zum attraktiven Arbeitgeber
Es ist mittlerweile fast eine Binse, dass sich Unternehmen heute um gute Mitarbeiter bewerben und nicht umgekehrt. Die Firma und mit ihr die Führungskräfte als Entscheider sind verantwortlich dafür, exzellente Mitarbeiter zu finden, zu binden und zu Zugpferden für weitere gute Leute zu machen. Viele sind sich dieser Verantwortung nicht bewusst – oder wissen schlichtweg nicht, wie sie es angehen sollen. Hier setzt die werteorientierte Führung an: Sie basiert auf den Unternehmenswerten, die klar formuliert und dargestellt sein müssen und gleichzeitig in gutem Einklang stehen mit den Wertesystemen der Menschen, die für das Unternehmen arbeiten.
Werte leiten uns durchs Leben
Viele Unternehmen tragen stolz ihre Leitbilder und Werte nach außen: Schön formuliert lassen sie sich auf der Webseite oder der Unternehmensbroschüre nachlesen. Das ist auch gut und richtig so: Unternehmen, die ihre Werte für wichtig erachten, dürfen das ruhig zeigen. Doch Vorsicht: Was gut klingt, ist oft nur schwer verständlich und schon gar nicht greifbar. Es trifft die Menschen nicht ins Innerste, dorthin, wo unsere Werte verankert sind. Ohne dass es uns bewusst ist, bestimmen sie darüber, was uns gefällt und was nicht, was wir mögen, was uns antreibt oder unglücklich macht. Werte leiten uns durchs Leben, sie geben uns Orientierung und Halt.
Was Führung heute ausmacht
Zur Führung gehört heute der „Blick über den Tellerrand“, der es ermöglicht, das eigene Welt- und Werteverständnis zu verlassen und das des Unternehmens und der Mitarbeiter einzusehen und zu verstehen. Wer werteorientiert führt, kennt die Wertesysteme seiner Mitarbeiter – und er nutzt dieses Wissen dafür, sie so zu führen, wie sie es brauchen, um sich wohlzufühlen und gute Arbeit leisten zu können. Entspricht die Führung eines Mitarbeiters dagegen nicht seinen Werten, wird er mit der Zeit unzufrieden, krank, zieht sich in die innere Kündigung zurück und bringt nicht mehr seine erwünschte Leistung. Es lohnt sich also, die Werte in den Fokus zu nehmen.
Die 9 Levels
Chefs können die Kultur des Unternehmens nur dann in ihrem Sinne prägen, wenn sie die Werte wirklich leben. Damit beeinflussen sie nicht nur, wie die Zusammenarbeit intern funktioniert, sondern auch, wie das Unternehmen von außen wahrgenommen wird. Um auf diese zeitgemäße Art führen zu können, müssen Chefs sowohl ihre eigenen Wertesysteme als auch die ihrer Mitarbeiter kennen und verstehen. Hier hat sich das Analysetool „9 Levels of Value Systems“ bewährt. Dazu muss man verstehen, dass es mehrere Stufen der Werteentwicklung gibt, die jeder Mensch durchläuft. Mit den „9 Levels“ lernt man jede dieser Stufen kennen und kann ein Verständnis dafür entwickeln, warum möglicherweise der eine Kollege immer wieder in einen Konflikt mit einem anderen Mitarbeiter gerät, warum jemand nicht in einem Team zurechtkommt oder in seinem Aufgabenbereich unglücklich ist. Auf jedem Level wollen Menschen anders geführt werden. Mithilfe der 9 Levels of Value Systems lässt sich erkennen und verstehen, welcher Führungsstil wo am besten funktioniert.
Wenn die Wertvorstellungen der Unternehmensführung mit denen der Mitarbeiter übereinstimmen und diese Werte auch gelebt werden, steht einer guten und erfolgreichen Zusammenarbeit nichts im Wege.
Rainer Krumm ist Geschäftsführer der 9 Levels of Value Systems und der axiocon GmbH, Managementtrainer, Berater, Coach und Autor. Er gilt als einer der erfahrensten internationalen Berater und Trainer im Bereich Team- und Unternehmenskultur sowie Change-Management. Basierend auf der Entwicklungspsychologie von Prof. Clare W. Graves, hat er mit dem Modell der 9 Levels ein Analysetool entwickelt, das Wertesysteme bei Personen, Gruppen und Organisationen mess- und nutzbar macht.