Persönliche Entwicklung, Karriere, Finanzen

Unzu­frieden im Job

Soll ich kündigen, oder nicht?

Infografik zur Arbeitszufriedenheit

Glaubt man den letzten Untersuchungen der Meinungsforscher des Gallup Instituts, sehen sich nur 55 Prozent der Arbeitnehmer nach einem Jahr noch beim gleichen Arbeitgeber. Sagenhafte 45 Prozent sind also unzufrieden im Job. Nur 25 Prozent kommen mit ihrem oder ihrer direkten Vorgesetzten gut klar, und fast 70 Prozent verlegen sich auf Dienst nach Vorschrift oder aufs sogenannte Quiet Quitting – die neumodische Art, exakt das und nur das zu tun, was für das Gehalt angemessen ist. Infografik herunterladen

Trotz ihrer Drastik sind dies natürlich nur Zahlen, die einzelne Menschen stark oder weniger stark, bis gar nicht betreffen können. Weiterhin muss unzufrieden nicht automatisch bedeuten, gleich den radikalen Schnitt der erst inneren und später äußeren Kündigung zu gehen. Schließlich existieren einige Wege, sich konstruktiv mit dem Unbehagen am aktuellen Arbeitsplatz auseinanderzusetzen.

Die Lösung beginnt bei sich selbst

Egal, wie unglücklich man im Job ist: Die Suche nach einer Lösung sollte bei der eigenen Person beginnen, und es gilt, ehrlich mit sich selbst zu sein.

„Gibt es objektive Gründe, durch die ich zu Recht gefrustet bin? Ist das Arbeitsvolumen tatsächlich zu hoch? Oder habe ich in Wahrheit ein subjektives Problem, weil ich durch schlechte Arbeitsorganisation permanentem, aber selbst gemachten Druck ausgesetzt bin? Ist der Chef wirklich das Ekel, das ich in ihm sehe? Oder kann ich mit klarer Kritik einfach nicht gut umgehen?“

Zugegebenermaßen fällt es schwer, sich diesen und ähnlichen Fragen zu stellen, und es ist einfacher, die Schuld bei der Chefetage oder einem gefühlt abweisenden Kollegenkreis zu suchen. Sich dieser Innenschau zu verweigern, kann aber bedeuten, beim nächsten Arbeitgeber nach einer Weile vor den gleichen Problemen zu stehen. Schließlich hat man sich selbst und seine Defizite dorthin mitgenommen. Dann hat man nicht nur nichts gewonnen, sondern weitere wertvolle Zeit auf dem Weg zum Traumjob und zur Bilderbuchkarriere verloren.

Wie mache ich meine Arbeit zufriedenstellender?

Bevor man also die Flinte ins Korn wirft und sogar voreilig kündigt, ohne einen neuen Job zu haben, lohnt es, sich mit einem strukturierten Programm auf Ursachen- und Lösungssuche zu machen. Ein weiteres, nahe verwandtes Mittel ist das sogenannte Job Crafting, ein einfallsreiches Konzept, das jüngst aus den USA nach Europa herübergeschwappt ist. Beim Job Crafting geht es darum, den aktuellen Arbeitsplatz und Arbeitsbereich bereits in Eigenregie so zu gestalten, dass die tägliche Zeit fürs Unternehmen als sinnhaft, abwechslungsreich, persönlich erfüllend und bedeutend wahrgenommen wird.

Es existieren vielfältige Ursachen dafür, dass die Arbeit keinen Spaß, oder, schlimmer noch, depressiv macht, oder dass sie als langweilig, überflüssig, stressig oder anderweitig belastend wahrgenommen wird.

Erstaunlicherweise haben die wenigsten Gründe damit zu tun, dass man nicht genug Geld an seiner aktuellen Stelle verdient. Viel öfter geht es um Themen wie mangelnde Wertschätzung im Job, schlechte Entwicklungs- oder Aufstiegschancen, zu wenig Eigenständigkeit mit geringem Freiraum und eingeschränkten Entscheidungsbefugnissen. Wenn diese und ähnliche Faktoren überhandnehmen, kann Arbeit sogar krank machen. Verschlimmert wird dies noch, wenn man sich wie in einer Sackgasse fühlt, die zugleich eine Einbahnstraße ist. Man sieht kein Vor und kein Zurück mehr und leidet unter dem beständigen Gefühl, die Stelle wechseln zu müssen, aber keine Alternative zu haben.

Sieben Schritte für mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz  

Doch wie zuvor erwähnt: Um ein Problem mit dem Job zu lösen, sollte man es zuerst analysieren und verstehen, um dann nach Veränderungen Ausschau zu halten. Mit dem folgenden Programm in sieben Schritten, kommt man einer erfüllenden Arbeit und damit einem glücklicheren Leben deutlich näher:

  1. Analysiere deine Gefühle
    und finden die Gründe deiner Unzufriedenheit auf der Arbeit. Liegt es an der Arbeitsbelastung, am Arbeitsumfeld, an mangelnder Anerkennung oder etwas anderem? Nur wer das Problem exakt benennen kann, kommt einem Lösungsansatz näher.
  2. Besprich dich mit deinen Vorgesetzten,
    um deinen Bedenken und deine Unzufriedenheit zu diskutieren. Sei mutig und verdeutliche klar, was dich stört, bedrückt oder nervt und frustet. Versuche, darauf aufbauend gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
  3. Arbeite an dir und erweitere deine Fähigkeiten.
    Wenn du das Gefühl hast, im Job unterfordert zu sein, qualifiziere dich inhaltlich und formal (durch Kurse, Studiengänge, Abschlüsse etc.) für höhere Aufgaben. Damit wird dein Arbeitsbereich spannender, herausfordernder und du gewinnst mehr Freiraum für deine Wirksamkeit und Wichtigkeit im Unternehmen.
  4. Forsche nach internen Veränderungen, die neue Chancen eröffnen.
    Gibt es Abteilungen, in die du gerne hineinschnuppern oder in denen du mitarbeiten möchtest? Sind dir Projekte oder strategische Initiativen zu Ohren gekommen, bei denen du vorn mit dabei sein könntest? Etwas anderes, das dich begeistert oder auf das du brennend neugierig bist? Hab keine Scheu und kontaktiere die maßgeblichen Personen oder die HR-Abteilung für ein Upgrade deiner Möglichkeiten. Dass du dich selbstbewusst, aber ohne Überheblichkeit zeigst, wird oft als positives und deine Chancen steigerndes Indiz registriert.
  5. Erkunde deine externen Möglichkeiten.
    Wenn du keine zufriedenstellende Lösung innerhalb des Unternehmens finden kannst, solltest du nach externen Jobchancen suchen. Checke regelmäßig den Arbeitsmarkt, halte deinen Lebenslauf up to date und bewirb dich gezielt in Unternehmen und auf Positionen, die deinen Interessen und Fähigkeiten entsprechen.
  6. Lasse berufliche Unterstützung zu.
    Menschen, die keinen Ansatz für die Verbesserung ihrer Situation finden, können Karriereberatung oder Coaching in Erwägung ziehen. Die Anbieter sind nicht nur gut darin, mit ihren Klienten Karriereziele zu klären, Entwicklungsmöglichkeiten zu erarbeiten oder einen Plan zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit zu entwerfen. Sie unterstützten auch bei der Jobsuche und bei der Vorbereitung auf den Bewerbungsprozess.
  7. Schaffe eine gute Work-Life-Balance.
    Häufig hat Unzufriedenheit im Job auch mit einer unausgewogenen Work-Life-Balance zu tun. Wer sich genug Zeit für Erholung, Hobbys und soziale Aktivitäten gönnt, baut Stress ab und gewinnt an Lebenszufriedenheit, die positiv auf den Beruf und die konkrete Arbeit abstrahlt.

Job Crafting: Der neue Weg, den Job wunschgemäß zu gestalten

Job Crafting ist ein neues Konzept, das auf die beiden Yale-Forscherinnen Amy Wrzesniewski und Jane E. Dutton zurückgeht. Sein Ziel ist es, den Job in Eigeninitiative so verändern, dass sich die Arbeit selbst, ihr soziales Umfeld und die Rahmenbedingungen zum Besseren wandeln. In der Folge, so die Forscherinnen, führt die bessere Passung von Eignungen, Neigungen und Werten mit den Charakteristiken der Arbeit zu einer spürbaren Steigerung von Motivation, Zufriedenheit und Produktivität.

  1. Aufgabengestaltung: Arbeitnehmer passen ihr Aufgabenportfolio so an, dass sie neue Verantwortungen übernehmen, Aufgaben umstrukturieren oder ihre Prioritäten neu bestimmen. Wer zum Beispiel kreative Arbeit mag, sucht Zugang zu innovativen Projekten oder organisiert seine Arbeitszeit so um, dass er mehr Raum für fruchtbare Denkprozesse entsteht.
  2. Beziehungsgestaltung: Wer eine Neugestaltung seiner Beziehungen am Arbeitsplatz anstrebt, bemüht sich aktiv um engere Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen, bietet Austausch von Fachwissen an oder versucht, Mentoren und Unterstützer auf seine Seite zu ziehen. Ein verlässliches und Netzwerk und fruchtbare, vertrauensvolle Beziehungen machen nicht nur das Arbeitsumfeld angenehmer, sondern fördern auch die Zusammenarbeit und den Informationsfluss im Team.
  3. Kontextgestaltung: Findige Arbeitnehmer suchen und nutzen Möglichkeiten, um den Kontext ihres Jobs zu verändern. Dazu gehört beispielsweise flexible Arbeitszeiten zu vereinbaren, das Homeoffice auszuweiten oder die eigene Weiterbildung zu pushen.

Ein wichtiger Aspekt des Job Craftings ist die kontinuierliche Evaluierung und Anpassung der vorgenommenen Veränderungen. Weil nicht alle Anpassungen ad hoc zu den gewünschten Ergebnisse führen, muss man ein wachsames Auge haben, sollte für Feedback offen und flexibel darin sein, bereits Angepasstes zu optimieren oder für Besseres aufzugeben.

Wer durch Job Crafting aktiv Veränderungen an seinen Arbeitsbedingungen und -inhalten vornimmt, fokussiert seine individuellen Talente und Stärken und entwickelt ein zufrieden stimmendes Gefühl von Kontrolle und Eigenverantwortung. So ist es kein Wunder, dass mehr Motivation und Engagement zu immer neuen Erfolgserlebnissen führen.

Mit Job Crafting zu mehr Spass im Job

Aktiv und mutig zu mehr Spaß und Engagement im Job

Naturgemäß enthält das Job Crafting viele Elemente, die auch das klassische Jobcoaching und verwandte Angebote bearbeiten. Seine Besonderheit liegt insbesondere in der aktiven, eigenverantworteten Veränderung der Arbeitsparameter und darin, persönliche Freiräume gezielt auszudehnen. Was ohne Chefin oder Chef nicht geändert werden darf oder kann, wird proaktiv, mutig und selbstbewusst vorgetragen. Immerhin profitieren nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Arbeitgeber, wenn ihre Mitarbeitenden durch mehr Freiheit und Flexibilität kreativer, kundenfreundlicher und servicestärker werden. Und nicht nur das: die Zuverlässigkeit profitiert, mehr Mitarbeitertreue senkt die Fluktuation und die Krankmeldungen gehen zurück.

Ob man es „nur“ mit dem klassischen Programm versucht oder ob mit Job Crafting neue Ideen das Streben nach mehr Zufriedenheit im Job bereichern: Beide sind keine Universallösungen für alle Widrigkeiten am Arbeitsplatz. Unternehmen mit toxischen Kulturen, unfair verteilten Karrierechancen und despotischen Vorgesetzten kann man sich bei allem Einfallsreichtum nicht schönstricken. Wenn sie sein muss, muss eine Trennung eben auch sein.

Befragt man Jobwechsler allerdings nach ihren Motiven, räumen viele ein, schweren Herzens gegangen zu sein. Denn längst nicht immer ist die Beziehung zwischen den Beteiligten unrettbar zerrüttet. Vielmehr haben beide Parteien nicht alles dafür getan, einander gewogen, emotional verbunden und eine Quelle der gegenseitigen Inspiration und Produktivität zu bleiben.             

Bild: simplytheyu / istockphoto