Persönliche Entwicklung, Karriere, Finanzen

Gender Pay Gap und Finanz­tipps

Vom Blumen­s­trauß kann frau sich nichts kaufen

Gewachsene Strukturen lassen sich nicht über Nacht aufbrechen, auch nicht, wenn die Aufforderung dazu gebetsmühlenartig wiederholt wird. So ist es auch mit der Gleichstellung zwischen Männern und Frauen. Wir müssen nicht schwarzer malen als nötig: Vieles ist schon passiert, noch viel mehr ist zumindest bei den meisten Menschen ins Bewusstsein vorgedrungen – auf der anderen Seite der Waagschale gibt es aber auch noch genug Gewicht, das aufzulegen wäre. Und am schwersten wiegt dort vielleicht die finanzielle Planung, der Vermögensaufbau, die Altersvorsorge für Frauen. Das ist das Thema, das große Aufmerksamkeit braucht – und nicht nur kleine Aufmerksamkeiten.

Ein Blumenstrauß zum 8. März ist eine nette Geste, die Rente zahlt er aber nicht. Der Equal Pay Day macht betroffen, aber betrifft größtenteils die Personen, die es sowieso bereits sind – Frauen. Und auch die Tipps in diesem Artikel werden das Problem des ungleich verteilten Vermögens und Einkommens zwischen den Geschlechtern natürlich nicht im Alleingang lösen. Es ist aber ein Anfang. Jedes bisschen Wissen, Awareness und Sensibilisierung für diese Themen schafft neue Chancen für die Zukunft – für jede Einzelne und damit für die Gesamtheit. Richtig in die Tiefe geht an der Stelle auch das Buch Finanzen sind weiblich von unseren Autorinnen Karolina Decker, Rica Klitzke und Leitha Matz. Mit ihrer Plattform fin:marie helfen Sie Frauen auf dem Weg zu finanzieller Freiheit und Unabhängigkeit.

Finanzielle Planung und Vermögensaufbau – Gründe für den Gender Pay Gap

Eine aktuelle, repräsentative Umfrage des Bankenverbands zeigt, dass die finanzielle Gleichstellung von Frauen lediglich im Schneckentempo vorangeht. Das liegt nicht nur, aber auch daran, dass die Unterschiede bei den Finanzen nicht auf ein einziges Übel, auf eine isolierte Ungerechtigkeit zurückzuführen sind, sondern dass tiefere, strukturelle Gründe vorliegen. Unsere Gesellschaft fußt auf bestimmten Bedingungen – und viele davon zum Nachteil der Frauen.

Berufswahl

Es riecht immer direkt nach Klischee oder Vorurteil, ist aber tatsächlich so, dass Frauen eher in sozialen und personennahen Berufen arbeiten und Männer eher in technischen. Die erreichbaren Löhne klaffen bereits an dieser Stelle gewaltig auseinander. Ob diese Lohnlücke in sich gerechtfertigt ist, steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt. Initiativen wie der Girls' Day und Boys' Day sind ins Leben gerufen worden, um die Geschlechterklischees bereits im jungen Alter abzubauen und für eine höhere Diversität in den einzelnen Berufen zu sorgen – frei von Rollenerwartungen, die sich immer noch und immer wieder in unseren Alltag schleichen.

Aber auch für gleiche Arbeit bei gleicher Qualifikation bekommen Frauen im Schnitt immer noch sechs Prozent weniger Gehalt. Über alle Branchen und Berufe hinweg verdienen Frauen im Schnitt durchschnittlich noch 18 Prozent weniger als ihre männlichen Counterparts. Das Gender Pay Gap mag langsam schrumpfen, geschlossen ist es auf längere Sicht aber mit Sicherheit noch nicht.

Unbezahlte Elternzeit oder Pflege von Angehörigen

Nichts Neues ist auch, dass nach wie vor das "Familienbusiness" größtenteils auf den Schultern der Frauen lastet. Und leider schreibt diese Karriere für die Hauptakteurinnen erschreckend rote Zahlen. Schließlich sind sie nicht nur von akutem Lohnausfall betroffen, sondern auch in Sachen Altersvorsorge und Weiterbildung kleinere Brötchen backen. Dass Frauen häufiger als Männer Care-Arbeiten übernehmen, hat Gründe, die auf den ersten Blick pragmatisch wirken, auf den zweiten den Teufelskreis aber vergrößern: Der Mann in der Familie verdient mehr, deswegen ist es sinnvoll, dass die Frau die längere Elternzeit nimmt und anschließend  im Beruf kürzertritt. Mit der Folge, dass sie weniger verdient und weniger Rentenpunkte sammelt.

Auch das sogenannte „Gender Care Gap“ geht zulasten von Frauen. Sie pflegen wesentlich häufiger Angehörige außerhalb des eigenen Haushalts. Und wesentlich häufiger heißt: mehr als doppelt so oft, zumindest in Deutschland. Auch hier ist das Gender Pay Gap mitverantwortlich. Fällt die Frau im gemeinsamen Haushalt weg, um einen Angehörigen zu pflegen und dadurch Pflegegeld zu beziehen und hohe Heimkosten einzusparen, ist das unterm Strich finanziell klüger, als täte der (besser bezahlte) Mann dies.

Negative Glaubenssätze und Angst vor dem Vermögensaufbau

Nicht zuletzt arbeiten nicht nur äußere Gründe gegen den Vermögensaufbau und die finanzielle Freiheit von Frauen, sondern auch vieles, das im Inneren verborgen liegt. Die Rede ist von negativen Glaubenssätzen und internalisierten Haltungen zum Thema Geld und Vermögen. Angebliche Wahrheiten also, die jeder und jede aus dem Kinderzimmer heraus mit in die Welt nimmt – und die leider nicht mit Erreichen der Volljährigkeit einfach wieder abgelegt werden können wie der Glaube an den Nikolaus.

Das Problem ist, dass Mädchen (unterbewusst) andere Glaubenssätze mitgegeben werden als Jungs. Wenn der Vater früher das Geld nach Hause gebracht hat, zementierte das den Glaubenssatz, dass "Finanzen eben Männersache“ sind. Und wenn Papa mehr verdient hat als Mama nistete sich hartnäckig das "Männer verdienen einfach mehr Geld" im Kopf ein. Außerdem wird Mädchen gerne mal beigebracht, genügsam zu sein, nicht gierig, nicht zu viel zu fordern und schon gar nicht offensichtlich auf Geld oder Gewinn aus zu sein. Man muss weder Psychologie noch International Finances studiert haben, um sich zu überlegen, welche Auswirkungen das auf das spätere Finanzverhalten haben kann.

Einen weiteren Unterschied macht das soziale System, das Umfeld, aus dem man stammt. An den Esstischen von Unternehmerfamilien oder Besserverdienenden geht es um andere Themen als an denen sozial schwächer aufgestellter Menschen. Dort kommen vielleicht Aussagen wie "Geld allein macht auch nicht glücklich" oder "Geld ist die Wurzel allen Übels" hinzu.

Vermögensaufbau individuell: Das können Sie tun

Zugegeben, die erste Hälfte dieses Artikels ist ernüchternd. Aber zu wissen, woher die Unterschiede kommen, ist der erste Schritt in Richtung einer Lösung. Zunächst einmal auf der individuellen Ebene. Sie müssen Ihre Finanzen anpacken, wenn Sie Veränderung sehen wollen. Denn Hilfe "von oben" kommt zwar, wie wir aber bereits festgestellt haben – es dauert aber. Und beim Vermögensaufbau gilt: Fangen Sie an! Besser mit 25 EUR im Monat als gar nicht, besser gestern als heute, geschweige denn morgen. Deshalb gibt es jetzt einige Strategien und Finanztipps, die Ihnen hoffentlich weiterhelfen und Sie ins Tun bringen.

Finanzwissen aufbauen und negative Glaubenssätze auflösen

Wo Unsicherheit, da kein Vermögensaufbau. Wer Angst vor der Börse hat, wird nicht investieren. Erinnern wir uns zurück an die Großmutter, die den Banken nicht vertraute und das Geld in der Kaffeebüchse aufbewahrte. Da war es vielleicht immer in der Nähe, vermehrt hat es sich aber nicht – und sicher war es ebenfalls nicht wirklich.

Der Grund dafür ist nicht Sturheit, sondern mangelndes Wissen und damit verbundene Angst. Aus der Umfrage des Bankenverbands geht hervor, dass Frauen sich nach wie vor weniger um ihre finanzielle Weiterbildung kümmern als Männer. Lediglich 38 Prozent nehmen sich regelmäßig Zeit, um sich mit ihrer finanziellen Lage zu beschäftigen. Dabei ist ein Basis-Finanzportfolio wirklich keine Raketenwissenschaft. Bereits nach diesem Artikel wissen Sie, wie Sie sich ein ETF-Portfolio anlegen, was das bedeutet und welche Strategien Ihr Geld mehren. Sie wollen sicher sein, dass Ihr Kapital nicht nur wächst, sondern auch Gutes tut? Auch dazu gibt es einen Wegweiser in unserem Magazin.

Übrigens: Dafür benötigen Sie keine Unsummen, fangen Sie mit kleinem Geld, vielleicht 50 EUR im Monat, an. Und das dafür jetzt sofort. Dann sind Sie in zehn Jahren schon wesentlich weiter, als wenn Sie auf den richtigen Zeitpunkt warten – denn das tun Sie dann in zehn Jahren vermutlich immer noch.

Und wo Sie schon dabei sind, Ihr Money-Mindset zu ändern, machen Sie direkt bei den Glaubenssätzen weiter. Den ersten Schritt haben Sie vielleicht vorhin schon getan: Machen Sie sich bewusst, wie und was Sie über Geld denken. Wenn Sie den Satz: "Ich liebe Geld" sagen, was fühlen Sie dabei? Freude? Zustimmung? Scham? Lächerlichkeit? Wenn es die letzten beiden sind, müssen Sie ran. Machen Sie sich bewusst, dass Geld weder gut noch schlecht ist, sondern neutral, dass Sie es verdienen, haben und behalten dürfen.

Generell gilt: Ersetzen Sie blockierende Glaubenssätze durch motivierende und positive. Da dieser Teil wirklich wichtig ist – denn Realität beginnt im Kopf – haben die Autorinnen ihm in Finanzen sind weiblich ein ganzes Kapitel gewidmet. Reinlesen lohnt sich.

Jetzt für später: Altersvorsorge

Altersvorsorge für Frauen funktioniert wie Altersvorsorge für Männer? Prinzipiell richtig, aber aufgrund der oben genannten Faktoren gibt es einige Dinge, auf die Sie einen besonderen Fokus legen oder die Sie zumindest von Anfang einkalkulieren sollten:

1. Familienplanung:

Auch Care-Arbeit ist Arbeit. Leider ist sie in Deutschland weitgehend immer noch unbezahlt. Wenn Sie wegen der Kindererziehung zu Hause bleiben oder nur in Teilzeit an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren, sprechen Sie mit Ihrem Partner über einen finanziellen Ausgleich. Beispielsweise könnte er in dieser Zeit in eine private Altersvorsorge für Sie einzahlen. So gleichen Sie die Rentenpunkte aus, die Ihnen verloren gehen und sind auch im Falle einer Scheidung abgesichert. Denn: Im Schnitt bekommen Frauen circa 400 EUR weniger Rente als Männer und unterliegen einem deutlich höheren Risiko für Altersarmut.

2. Privat vorsorgen – und zwar selbst:

Verlassen Sie sich nicht auf die Rente oder das Finanzwissen Ihres Partners. Scheidungen passieren und Todesfälle ebenfalls. Wer denkt, mit Witwenrente oder dem Versorgungsausgleich zurechtzukommen, wird von der bitteren Realität schnell eingeholt. Selbst bei zehn Jahren Ehe und einem Durchschnittsverdienst von circa 3.100 EUR kommen Sie im Falle einer Scheidung auf circa 160 EUR monatliche Rente aus der Ehezeit. Das reicht nicht einmal für die Miete. Generell lässt sich sagen, dass es allein mit der gesetzlichen Rente vermutlich schwierig wird, den Lebensstandard zu halten. Eine gute Möglichkeit, um aufzustocken, sind Riester-Renten oder ETF-Sparpläne. Und, noch einmal, fangen Sie an.

3. Teilzeit gut überlegen:

Es ist nicht nur das Gehalt, das geringer wird, oftmals geht es auch um Beförderungen, Weiterbildungen und Aufstiegsmöglichkeiten. Traurig, aber wahr. Wenn Sie in Teilzeit gehen möchten, denken Sie auch an Ihre Karriere und Ihre Alterssicherung. Überlegen Sie, wie und ob Sie sich das nicht nur jetzt, sondern auch später leisten können. 

Gender Pay Gap: Lösungsansätze "von oben“

Auch von öffentlichen Stellen kommen Hilfe, Bewusstsein und Lösungsansätze. Wie bereits erwähnt, hilft Ihnen das nicht unbedingt unmittelbar bei Ihrer eigenen Finanzplanung, aber es sorgt für Veränderungen in der Gesellschaft.

Ausbau von Kindertagesstätten

 Wenn Kinder früher besser und vor allem flächendeckend betreut werden können, haben es Frauen einfacher, schneller und vor allem auch in Vollzeit an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Dafür will die Bundesregierung die Kindertagesstätten weiter ausbauen. 49 Prozent der Eltern von Kindern unter drei Jahren wünschen sich einen Betreuungsplatz für den Nachwuchs.

ElterngeldPlus

Das ElterngeldPlus ergänzt das Basiselterngeld und kann länger und flexibler bezogen werden. So gibt es beispielsweise Partnermonate und die Möglichkeit, auch während des Bezugs in Teilzeit zu arbeiten, ohne dass es zwingend zu Kürzungen kommt.

Entgelttransparenzgesetz

2017 in Kraft getreten soll das Gesetz den Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit" unterstützen. Dafür sieht es folgende Bausteine vor: Einen individuellen Auskunftsanspruch für Beschäftige, die Aufforderung von Arbeitgebern zur Durchführung betrieblicher Prüfverfahren sowie eine Berichtspflicht zu Gleichstellung und Entgeltgleichheit.

Fazit: Schluss mit Märchen und Start für Geldanlage

Wenn Sie etwas aus diesem Artikel mitnehmen, dann bitte Folgendes:

1. Räumen Sie Ihr Mindset auf

Schluss mit schädlichen Glaubenssätzen. Der Platz, der dann frei wird, kann mit echtem Wissen über Geldanlage und Vermögensaufbau gefüllt werden.

2. Fangen Sie an!

Denn eins muss klar sein: Sie wollen mit Ihrer Geldanlage für später vorsorgen oder sich ein nettes Nebeneinkommen aufbauen: Das geht nicht über Nacht. Im Falle der Altersvorsorge ist das Ziel, 20 bis 30 Jahre ohne Erwerbstätigkeit bequem zu leben, das schaffen Sie schlicht nicht in den letzten fünf Jahren vor Renteneintritt.

Falls Sie noch tiefer in die Materie eintauchen, sich von Frauen für Frauen beraten und begleiten lassen und handfeste Tipps für Ihren Portfolioaufbau erhalten möchten, werfen Sie unbedingt einen Blick in Finanzen sind weiblich von den fin:maries Karolina Decker, Rica Klitzke und Leitha Matz. Und nachdem der erste Euro investiert ist? Gönnen Sie sich doch einen schönen Blumenstrauß.

Bildquelle: Wirestock / istockphoto.com