Von Sylvia Löhken
Oft fragen wir uns, welche Art von Kontakt uns guttut und wozu wir mit anderen Menschen zusammen sein möchten. Das ist aber nur die eine Hälfte der Thematik. Die Verbindung mit Menschen bedeutet nicht, dass wir aus ihnen nur etwas nehmen. Es geht immer auch darum, der Gemeinschaft etwas zu geben.
Wir verbinden uns nicht nur mit anderen Menschen, weil wir uns wohl fühlen wollen. Wir brauchen einander auch. Wir bringen in unsere Familien, Teams und Freundeskreise Fähigkeiten und Dinge, die den andere nützen. Und wenn das alle tun, kann sich daraus etwas Neues ergeben – etwas, das größer ist als das, was eine Person leisten kann. Genau das ist eine der großen Besonderheiten menschlicher Gruppen: Sie können kooperieren, organisieren und nutzen die Fähigkeiten der einzelnen Mitglieder. Durch dieses Miteinander und der Kommunikation, die dazugehört, können Menschen sehr komplexe Probleme lösen und große Projekte verwirklichen: eine Stadt errichten, eine Regierung etablieren, eine Religion gründen.
Jede Gruppe wird durch die Fähigkeiten aller Mitglieder stärker
Heute sind wir erst recht auf gemeinsames Handeln angewiesen, weil jeder und jede von uns in einer komplizierten Welt mit der Bewältigung des eigenen Daseins überfordert ist. Das zeigt sich schon daran, wie unser Zusammenleben organisiert ist. So gibt es in einem typischen traditionellen Unternehmen einen Vorstand, Stabsbereiche, Fachabteilungen, Gebäudemanagement, Fuhrparks, eine Kantine, einen Betriebskindergarten; außerdem einen Aufsichtsrat, einen Betriebsrat, ein internes Auditing… In diesen Bereichen arbeiten Menschen mit sehr verschiedenen Kompetenzen, die im besten Fall ihre Fähigkeiten und Neigungen dort gut einsetzen können. Alle werden gebraucht, und in ihrem Zusammenwirken machen sie die Firma erfolgreich. Wenn Sie Mitglied in einem Verein oder in einer Partei sind, können Sie ähnliche Aufteilungen beobachten. Und selbst in einer Familie oder im Freundeskreis tragen die verschiedenen Gruppenmitglieder im Normalfall mit ihren Fähigkeiten etwas bei, das allen zugutekommt.
Respekt beruht auf Taten – nicht auf Eigenschaften
Entsprechend wird in einer Gruppe auch zu Recht zur Kenntnis genommen, was das einzelne Gruppenmitglied beisteuern kann. Wenn Sie sich in der Welt umschauen, sehen Sie: Es sind nicht unbedingt die Reichen, Mächtigen oder Berühmten, auf die Menschen mit echter Bewunderung und Anerkennung sehen. Ja, diese Menschen sind sichtbar, und andere Menschen reden über sie. Doch wirklichen Respekt bekommen Menschen, wenn sie etwas Wichtiges tun: wenn sie einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten. Auch die Mächtigsten werden an diesen Fragen gemessen: Wie gut sorgen sie für die Menschen um sich herum? Wie nehmen sie ihre Verantwortung wahr? Wie tragen sie zum Gelingen ihrer Gemeinschaften bei?
Wer anderen hilft, der profitiert davon
Wenn Sie einem Menschen oder einer Gemeinschaft helfen, werden Sie wahrscheinlich etwas Interessantes feststellen: Es tut gut. Und das, obwohl Sie doch Zeit, Energie und womöglich Geld hergeben, damit andere davon profitieren. Es ist unser menschliches Erbe, dass wir zusammenarbeiten und uns gegenseitig unterstützen – so sehr, dass wir uns belohnt fühlen, wenn wir es selbst tun.
Gut ist: Das, was wir gern tun, ist auch das, womit wir am besten etwas beitragen können. Es fällt uns leicht, wir tun es motiviert, und unsere Mitmenschen haben etwas davon.
Aus Leise Menschen – starke Worte von Sylvia Löhken (S. 103-105)
Über den Autor
Dr. Sylvia Löhken ist einem breiten Publikum als Expertin für intro- und extrovertierte Kommunikation bekannt. Sie hilft Menschen, sich selbst und andere besser zu verstehen und mit dem, was sie sind, erfolgreich zu sein: an Hochschulen und Forschungsinstituten, in Führungsetagen und auf Kongressen, in Konferenzräumen und im Zusammenleben mit anderen. Sylvia Löhkens Ausgangsfrage ist: Wie gestalten wir unser Leben am besten als die Persönlichkeiten, die wir sind? Das Thema Gespräche treibt sie dabei schon lange um. Ihre Bücher über intro- und extrovertierte Kommunikation (alle bei GABAL erschienen) sind mit 25 Sprachen und über 500.000 verkauften Exemplaren internationale Bestseller. Sie trugen entscheidend dazu bei, den „kleinen Unterschied“ zwischen Intro- und Extrovertierten zu etablieren. Auch die Medienresonanz war und ist groß, bis hin zu Coverstorys in Der Spiegel und Psychologie heute, Interviews in Brigitte, El País oder Madame Figaro, im Deutschlandradio und im NDR, im Handelsblatt und in Psychologies sowie Fernsehauftritten im ZDF, WDR und ORF.
Sylvia Löhken arbeitet weltweit als Coach, Trainerin und Rednerin. Häufig begleitet sie introvertierte Persönlichkeiten auf ihrem Erfolgsweg.