Von Dennis Fischer
Seit Jahren schon beschäftigt mich die Frage:
»Welche Skills brauchen wir in dieser Arbeitswelt der Zukunft, um erfolgreich und glücklich zu sein?«
Die Suche nach Antworten hat mich dazu gebracht, über 500 Business-Ratgeber zu lesen und die unzähligen Tipps und Tricks selbst auszuprobieren. Daraus ist vor drei Jahren mein erstes Buch »52 Wege zum Erfolg« entstanden. Während ich fleißig dabei war, mich selbst zu optimieren, kamen mir jedoch Zweifel.
Wird es in Zukunft wirklich darum gehen, mit Maschinen in den Wettbewerb zu treten? Wie weit ist es möglich, immer effizienter und produktiver zu werden? Je mehr ich mich damit beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass wir diesen Kampf verlieren werden und in vielen Bereichen bereits verloren haben. Die gute Nachricht: Es gibt Kompetenzen, menschliche Stärken und Prinzipien, die uns auch in einer noch weiter automatisierten und digitalisierten Welt unsere berufliche Zukunft sichern.
Hier einige dieser Prinzipien, die ich für entscheidend halte:
1. Ich bin keine Maschine
Als begeisterter Trailläufer bin ich nur sehr ungern auf dem Laufband. Da ich diese Zeilen aber in Kiel schreibe, wo ich gerade ein zweitägiges Training geben darf und es draußen regnet, habe ich mich entschlossen, ein paar Kilometer auf dem Laufband zu joggen. Es ist für mich der Inbegriff einer Maschine, die dem Menschen das Tempo vorgibt. Natürlich kann ich die Geschwindigkeit einstellen, aber dann bewegt sich das Laufband monoton in der immer gleichen Geschwindigkeit. Entweder ich passe mich an das Tempo an oder ich falle hinten herunter. Dabei liegen natürlich keine Hindernisse im Weg und es geht auch weder steil bergauf noch bergab. Mal von den schönen Ausblicken, die ich in den Bergen genießen darf, ganz zu schweigen. Aber sind nicht genau diese Berge und Täler, diese Stolpersteine und Risse das, was uns Menschen ausmacht? Wie hat Leonard Cohen gesungen: »There is a crack, a crack in everything. That‘s how the light gets in.« Oder um es mit Tim Bendzko zu sagen: »Ich bin doch keine Maschine.«
Machen wir uns nichts vor. Es ist nicht besonders hilfreich, sich nur darauf zu fokussieren, welche Jobs Maschinen in Zukunft nicht ausüben können. Wir können nicht vorhersagen, wie sich die Technologien weiterentwickeln, und vermutlich werden Künstliche Intelligenzen eines Tages fast alle unsere Aufgaben übernehmen können. Statt also zu fragen, welche Tätigkeiten nicht von Robotern oder Algorithmen übernommen werden können, sollten wir die Frage umdrehen: Wozu sind wir Menschen geschaffen worden? Was macht uns einzigartig? Welche Dienstleistung wollen wir nur von anderen Menschen erhalten?
Wir sind keine Maschinen und wir werden in vielen Bereichen auch niemals mit Maschinen mithalten können. Wir können uns noch so viel selbst optimieren und versuchen gegen Künstliche Intelligenzen zu gewinnen. Nur, wenn wir uns wieder auf unsere menschlichen Stärken fokussieren und uns von dem Gedanken des Wettbewerbs befreien, werden wir unser volles Potenzial entfalten und dadurch unaufhaltbar werden. Nur, wenn wir zu unseren Ecken und Kanten stehen, wenn wir unsere Fehler als Chance sehen und das Nichtstun zelebrieren, werden wir fit für die Arbeitswelt der Zukunft.
Es geht nicht darum, den Kuchen der Arbeit zwischen Maschinen und Menschen aufzuteilen. Es geht auch nicht darum, den Kuchen immer größer zu machen, sondern darum, einen neuen Kuchen zu backen. Einen, der unförmig ist und dessen Schokoladenguss leider nicht für die ganze Fläche gereicht hat. Einen Kuchen, der außen leicht verkohlt ist und in der teuersten Teflonform anhängt. Ein Kuchen, den kein Bäcker verkaufen würde und der dennoch das schönste Geschenk zum Geburtstag ist. Ganz einfach, weil er von Menschen mit Liebe gebacken wurde, wahnsinnig lecker schmeckt und du beim Essen die Augen schließt und an deine Großmutter denkst, die genau diesen Kuchen in deiner Kindheit immer gebacken hat.
2. Ich benutze die Geräte und nicht sie mich
Ist es nicht ein schönes Gefühl, wenn du dir über zwei Minuten lang die Zähne geputzt hast und dir deine elektrische Hightech-Zahnbürste danach mit einem lachenden Smiley gratuliert? Nein, ist es verdammt noch mal nicht! Jeden Monat kommt ein weiteres Gerät auf den Markt, das versucht, mich zu irgendetwas zu motivieren oder mich von etwas anderem abzuhalten. Sagt mir mein Stabmixer demnächst auch noch, dass die Suppe jetzt fein genug püriert ist? Erkennt meine Küchenwaage bald, dass ich schon wieder Zucker zum Backen abwiege, und weist mich freundlich darauf hin, meinen Zuckerkonsum zu reduzieren? Bis dieses Buch erscheint, sind genau diese Funktionen vermutlich schon im neuen Thermomix eingebaut, der die Informationen direkt an mein Handy kommuniziert, welches sie (natürlich anonym) ohne zu zögern an meine Versicherung weiterleitet. STOPP!
Wenn wir bei immer neuen Geräten und rund 2,5 Millionen Apps im Google Play Store nicht völlig die Kontrolle verlieren wollen, müssen wir uns klarmachen, wer den Ton angibt. Wir müssen klare Ansagen machen und dürfen uns nicht von unseren unschuldigen Helferlein auf der Nase herumtanzen lassen. Nur wenn wir das Prinzip »Ich benutze die Geräte und nicht sie mich« in unseren Alltag integrieren, können wir die Hoheit über unser Leben wieder zurückerobern.
3. Ich hinterlasse Spuren
Wollen wir nicht alle gern unsere Spuren hinterlassen? Spuren auf der Welt, aber auch im Leben von anderen Menschen? Ich habe das große Privileg, dass sich mein Weg mit dem Weg vieler anderer Menschen kreuzt. Fast wöchentlich lerne ich neue wunderbare Menschen für einen kurzen Moment kennen. Ich bekomme einen Einblick in ihr Leben und in ihren Job. Ich darf ihnen Denkanstöße und Impulse mitgeben und hoffentlich bei der einen oder anderen Person eine Spur hinterlassen. Umso mehr freut es mich, wenn ich Monate nach einer Begegnung – bei einem Training oder einer Keynote – eine E-Mail bekomme, in der sie mir mitteilen, dass sie durch meinen Impuls eine Änderung in ihrem Leben vorgenommen haben und sich nun bei mir bedanken wollen. Genau diese E-Mails oder Anrufe sind die größte Motivation für mich. Statt Datenspuren sollten wir wieder versuchen, greifbare Spuren zu hinterlassen. Dazu müssen wir zunächst einmal den Unterschied zwischen Outcome und Output verstehen. Häufig geht es uns heute darum, möglichst viel Output zu generieren. Wenn wir 100 Mails am Tag schreiben und 30 Anrufe tätigen, haben wir zwar viel Output generiert, aber mit welchem Ergebnis? Der Outcome gibt an, ob wir wirklich einen Mehrwert geschaffen haben. Erst wenn wir merken, dass es nicht darum geht, möglichst effizient zu sein, sondern möglichst effektiv, können wir wirkliche Spuren bei anderen Menschen hinterlassen.
4. Ich bin schnell und nicht perfekt
»Speed trumps perfection« oder auf Deutsch »Geschwindigkeit schlägt Perfektion« – das hat der Executive Director der WHO, Dr. Michael Ryan, zu Beginn der Coronapandemie in einer Pressekonferenz gesagt. Nach jahrelanger Erfahrung mit zahlreichen Ebola-Ausbrüchen in Afrika wusste er, dass man in solchen Situationen vor allem schnell handeln muss. Wenn man sich bei jeder Entscheidung sicher sein möchte, dass es die richtige ist, ist man zu langsam. Bis dahin hat das Virus schon wieder die Oberhand gewonnen. Natürlich macht man dabei Fehler, aber solange man aus ihnen lernt und den Kurs entsprechend anpasst, ist es das einzig sinnvolle Vorgehen in solch einer Situation.
Gerade in Deutschland fällt es uns schwer, unseren Perfektionismus abzulegen und schnelle Entscheidungen zu treffen. Vermutlich auch, weil es uns schwerfällt, hinterher zu unseren Fehlern zu stehen. Dieses Mindset brauchen wir jedoch in der Arbeitswelt der Zukunft, wenn wir die exponentiellen Veränderungen verstehen und lenken möchten. Je schneller sich die Welt um uns herum verändert, desto schneller sollten wir uns entscheiden.
Die Menschen, die ich kennenlernen durfte und die in ihrem Bereich sehr erfolgreich sind, haben sich immer sehr schnell entschieden. Lagen sie immer richtig? Natürlich nicht, aber dann haben sie sich auch wieder schnell entschieden und den Kurs korrigiert. Es gibt nur ganz wenige Entscheidungen im Leben, die wir nicht wieder rückgängig machen können. Diese sollten wir definitiv gut überlegen, aber bei allen anderen dürfen wir uns schnell entscheiden!
Über den Autor
Dennis Fischer ist Trainer und Keynote-Speaker zu „Future Work Skills“. Er studierte Internationales Management in Deutschland und Frankreich. Nach zwei Stationen in Start-ups in Berlin und einem Ausflug in einen großen Konzern hat er 2016 den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Heute begleitet Dennis Fischer zahlreiche namhafte Kunden dabei, ihre Mitarbeiter fit für die Arbeitswelt der Zukunft zu machen. Nach dem Erfolg seines Buches „52 Wege zum Erfolg“, das vom Hamburger Abendblatt als „TOP 10 Wirtschaftsbuch 2019“ ausgezeichnet wurde, widmet er sich in seinem neuen Buch den wichtigsten Soft Skills der Zukunft.
Nicht erst seit Corona wissen wir, dass die Arbeitswelt im Wandel ist und wir in den nächsten zehn Jahren neue Fähigkeiten und Fertigkeiten benötigen, um erfolgreich zu sein.
In seinen inspirierenden Keynotes möchte er seine Zuschauer inspirieren und motivieren, sich selbst und ihre Mitarbeiter kontinuierlich weiterzubilden, um fit für die Zukunft zu werden.
Wenn Dennis Fischer nicht gerade auf der Bühne steht oder seinen Podcast produziert, trifft man ihn beim Trailrunning in den Münchner Bergen. Dort nimmt er auch gerne einmal an einem 52 Kilometer langen Lauf quer durch das Karwendel teil.