von Andreas Buhr
„Endlich Feierabend – ab auf die Couch! Chillen, netflixen und ein lecker Bierchen oder Weinchen", so denken wir wohl alle mal. Und „mal“ ist das auch völlig in Ordnung. Zum Runterkommen. Zum Loslassen. Aber zur Gewohnheit, zur Routine sollte das besser nicht werden. Denn solche Routinen bremsen in der Weiterentwicklung. Bügeln Motivation flach. Zahlen nichts auf unser Kräfte-Konto zur Umsetzung unserer Lebensvision als Mensch und als Führungspersönlichkeit ein.
Aus Gewohnheit einfach - gut
Dabei sind Routinen und Gewohnheiten wichtig. Sie entlasten vom Aufraffen müssen, vom Zeitverlust, vom Prokrastinieren. Als gutmütige Selbst-Überrumpelungstricks befreien sie vom immer wieder Selbstüberwinden und Neu-Entscheiden. Denn „aus guter Gewohnheit“ erledigen wir häufig wiederkehrende Alltagsaufgaben quasi per Autopilot. Wir müssen nicht jedes Mal die Entscheidungshemmschwelle bezwingen – es läuft einfach. Und gut. Nützliche Routinen in unserem Arbeits- und auch privaten Alltag machen uns produktiver, so werden wir schneller, fokussierter, letztlich erfolgreicher. Wenn wir die richtigen, unterstützenden Gewohnheiten entwickeln, die uns Rückenwind geben. Beispielsweise diese drei, die uns unaufgeregt und „ganz nebenher“ voranbringen. Denn auch Selbstführung geht heute anders, wie es in meinem neuen Gabal-Buch „Business geht heute anders“ heißt.
Drei Routinen, die uns voranbringen
Der Motivations-Wachmacher für morgens
Morgens Schlummertaste bis zur letztmöglichen Minute? Erster Gedanke: „Hoffentlich geht dieser Arbeitstag bald vorbei“? – Ab jetzt nicht mehr!
Die erste unterstützende Routine ist der Motivations-Wachmacher für morgens. Reservieren Sie sich jeden Morgen 45 bis 60 Minuten für sich selbst. Und zwar bevor Sie Ihre Mails und Social-Media-Feeds checken, denn oft hangeln wir ja schon aus dem Bett heraus nach dem Smartphone und laden uns noch schlaftrunken schon Kopf und Seele voll schlechter Nachrichten, Taktung, Stress. Schlechte Routine.
Die neue, bessere Routine „Motivations-Wachmacher“ ist Achtsamkeitszeit für Körper und Geist, die Sie langfristig fit und leistungsstark hält. Die Ressourcen für den Tag aufbaut und fokussiert und wach macht. Zeit für eine kurze Laufrunde, eine Meditation, eine Yoga Class, Schwimmen, oder eine Runde auf dem Spinning-Rad. Dazu müssen wir uns nach ganz kurzer Zeit nicht mehr „überwinden“ – das trägt den Lohn spürbar in sich. Das bringt so viel Endorphine und Energie, darauf wollen wir nicht mehr verzichten.
Ich kenne auch Menschen, vielbeschäftige Working Mums, Geschäftsführerinnen und CEOs, die morgens eine Viertelstunde in einem spirituellen Buch lesen oder inspirierende Podcasts hören oder einer wertvollen Diskussion bei Clubhouse lauschen – weil sie wissen, dass sie diesen Impuls für ihre Seele und ihre Zuversicht brauchen. Andere machen Tabata oder Crunches und Sit-ups, wieder andere Achtsamkeitsübungen oder Tai Chi. Es ist Ihre persönliche Entscheidung, was Ihnen zum Tagesstart richtig guttut und sowohl einen Kick als auch genügend Fokus gibt. Was es auch sei: Machen Sie es zu Ihrer Routine!
Die Vorbereitungsroutine am Abend
Die zweite Routine betrifft das abendliche Revue-passieren-lassen des vergangenen (Arbeits-)Tages, zusammen mit der Vorbereitung für morgen. Ich nenne das „Clean Your Backpack“ – den Rucksack aufräumen. Das bedeutet, wir gehen noch einmal kurz die Aufgabenliste des Tages durch und haken alles Abgeschlossene ab und übertragen nicht Erledigtes auf die morgige Liste. Bei dieser Gelegenheit überdenken wir auch die gesetzten Prioritäten neu und ändern sie bei Bedarf. Drei Gründe sprechen dafür, die Tagesplanung routinemäßig am Vorabend vorzunehmen: Zum einen checken Sie so ihre eigene Effizienz. Zum anderen halten Sie den Morgen frei für den „Motivations-Wachmacher“. Dazu kommt: Häufig arbeitet das Unterbewusstsein schon über Nacht an Lösungen anstehender Probleme, sodass wir morgens aufwachen und „plötzlich“ wissen, was zu tun ist. Wenn wir am Vorabend die Bahn dafür bereitet haben. Ich nutze diese Zeit auch täglich für die Beantwortung der drei „Abendfragen“ in meinem Erfolgs- und Motivationstagebuch – denn einen besseren, glücklicheren Abschluss des Tages kann es kaum geben.
Der Langfrist-Unterstützer: das Erfolgs- und Motivationstagebuch
Das Führen eines Erfolgs- und Motivationstagebuchs (EMTB) ist ein als bewährtes Mittel, um gerade in schwierigen Situationen, in Krisenzeiten, die eigene Motivation hochzuhalten. Fünf Minuten morgens und fünf Minuten am Abend reichen aus, um die folgenden fünf Fragen zu beantworten:
Morgens:
- Frage 1: „Was wage ich heute?“, und
- Frage 2.: „Warum lohnt sich der heutige Tag?“.
Damit legen Sie konsequent den Fokus auf die Dinge, die heute angepackt, gelernt, bewegt werden sollen.
Abends:
Beantworten Sie in Ihrem EMTB schriftlich kurz die drei weiteren wichtigen Fragen.
- Frage 3: „Was habe ich heute lernen können?“. Notieren Sie, welche neuen Erfahrungen und Erkenntnisse Sie gesammelt haben. Ganz gleich, auf welchen Gebieten. Denn es ist für die persönliche Entwicklung von großer Bedeutung, täglich etwas dazuzulernen. Unter diesem Punkt gehören daher auch alle Erfolge des Tages: Abschlüsse und gute Erlebnisse im Vertrieb, Learnings im Vertriebsteam, wichtige Arbeitsergebnisse ebenso wie ein Fortschritt bei der Meditation oder das Erreichen eines besseren Golf-Handicaps.
- Frage 4: „Worüber habe ich mich von Herzen gefreut?“. Wann und worüber habe ich gelacht, mich einfach nur gefreut? Womit habe ich Glanz in den Augen meines Kunden, Mitarbeiters, Partner/Partnerin, meiner Kinder oder auch eines fremden Menschen gebracht?“.
- Und Frage 5: „Wofür bin ich dankbar?“ Dankbarkeit ist eines der wertvollsten Gefühle überhaupt – und wie wir aus der Epigenetik zwischenzeitlich wissen, kann es positiv auf unsere Gesundheit einwirken.
Routiniert das Leben „auf positiv“ stellen
Ich habe einen einfachen Leitspruch, der mich ermutigt hat, mir diese unterstützenden Routinen anzugewöhnen: „Und immer, wenn Du denkst, es geht nicht mehr, dann kommt von irgendwo ein EMTB her…“. Kurz: Je länger Sie Ihr Erfolgs- und Motivationstagebuch führen, desto mehr wird es Ihnen bedeuten. Sie werden spüren, wie es die eigene Lebenseinstellung positiv beeinflusst und die Motivation fördert. Außerdem ist es ein gutes Instrument, auf das in stürmischen Zeiten zurückgegriffen werden kann und das Ihnen hilft, Ruhe und Zuversicht zu bewahren. Ein Erfolgstagebuch ist ein Schatz persönlicher Ressourcen und ein Kraftgeber.
Unterstützende Routinen etablieren kostet Anfangsdisziplin
Gute Gewohnheiten, unterstützende Routinen zu etablieren, das kostet natürlich auch etwas. Nämlich erstens: Die absolute und sture Entscheidung „ich will das jetzt so und ich zieh‘ das durch. Weil ich weiß, dass es mir binnen Kurzem so viel bringt“. Und zweitens: Anfangsdisziplin. Erfolg ist die Überwindungsprämie für Durchhalten. In Reihenuntersuchungen zeigte sich, dass Menschen je nach individuellem Typ zwischen 18 und 66 Tagen brauchten, um eine neue Gewohnheit zu automatisieren. Ich persönlich stehe seit gut 25 Jahren morgens zwischen 5h und 5h30 auf. Routine. Auf diese Weise habe ich etwas mehr Zeit im Leben. Für mich, meine Familie, mein Business, mein Trainingsunternehmen, die Buhr & Team Akademie, mein Team. Das fiel mir ganz zu Anfang auch noch nicht leicht.
Aber: Ich hatte von Beginn an alle drei Routinen etabliert, das war damals meine persönliche, für mein Leben getroffene Entscheidung. Denn diese Routinen stützen sich gegenseitig. Zahlen gegenseitig aufeinander ein. Ein sich selbst bestärkender positiver Effekt. Von dem werden auch Sie profitieren. Alles reine Routine!
Andreas Buhr ist Unternehmer, Redner und Autor. Er ist Gründer und CEO der Buhr & Team Akademie für Führung und Vertrieb AG mit Stammsitz in Düsseldorf, die europaweit mittelständische und große Unternehmen sowie internationale Konzerne für mehr Unternehmenserfolg trainiert. Bekannt ist Andreas Buhr auch als internationaler Speaker, als Trainer sowie als Herausgeber und Kolumnist. Seit 2006 hat er mehr als 30 Bücher, Hörbücher und Anthologien für mehr Unternehmenserfolg veröffentlicht. Er gehört als vielfach ausgezeichneter Vortragsredner zu den wenigen internationalen Certified Speaking Professionals und wurde in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen.